
Rede zum Sorbischen Heimattag der Region Hoyerswerda in Groß Särchen / Wulke Ždźary
Lubi tule zhromadźeni, česćeni cyrkwinscy a komunalni zastupjerjo,
lube Serbowki a lubi Serbja z našeho Wojerowskeho regiona,
sehr geehrte Mitwirkende, Teilnehmer und Gäste des Sorbischen Heimattages 2019!
Für viele von Ihnen ist der Serbski domizniski dźeń eine längst liebgewordene Tradition. Für mich als neuer „Župan” des Domowina-Regionalverbandes Hoyerswerda ist es das erste Mal. Jedes erste Mal ist, wie Sie alle wissen, eine aufregende Sache, und man phantasiert vorher, was man dabei alles falsch machen könnte. Also habe ich mir gesagt, am besten hältst du dich an Joachim Nagel, den Initiator des Sorbischen Heimattages. Dann kann nichts schiefgehen.
Česćeny knježe Nagelo, sće sej jako přećel serbskeho ludu jeho rěč přiswojił a z wulkim zapalom serbske korjenja Wojerowskich kónčin pěstował. Ze swojim njesebičnym angažementom sće sebjewědomje Serbow skrućił a wědu wo kulturnym zakótwjenju regionalneje towaršnosće šěrił. Tohodla je tež tón domizniski dźeń žiwy pomnik Wašeje skutkownosće.
Pfarrer Nagel wurde ja bereits im Jahr 2008 auf Vorschlag des Domowina-Regionalverbandes für seine Verdienste um das sorbische Volk der „myto Domowiny“, der Preis des sorbischen Dachverbandes verliehen. Die Suche nach den eigenen Wurzeln, das ständige Thema des Heimattages, verbindet alle Menschen, die sich dem Sorbischen verbunden fühlen. Egal welche Rolle die Sprache bei ihnen im Alltag spielt und egal welche kulturellen Vorlieben sie haben.
Die sorbische Identität ist das breiteste und tiefste Fundament, das unsere Region haben kann. Ich finde es deshalb klasse, dass Sie auch Krabat in diesen Tag einbeziehen. Den historischen Krabat zog ja bekanntlich die Zuneigung zum Sorbischen hierher.
Wón je drje sakskim knjezam w Drježdźanach słužił, ale swoju nowu domiznu je we Wulkich Ždźarach namakał – wosrjedź słowjanskich sotrow a bratrow.
Die Suche nach unseren eigenen Wurzeln offenbart Zukunftspotenzial. Mancher, dessen Eltern aufhörten sorbisch zu sprechen, hat Enkelkinder, die im Kindergarten mit sorbischen Sprüchen und Liedern vertraut gemacht werden. Und wer wollte in Zukunft auf den kulturellen Reichtum von fast dreißig verschiedenen Varianten der Hoyerswerdaer Tracht verzichten? (Die Zahl, die sich auf einen Experten stützt, wird von Anwesenden nach der Rede als zu niedrig eingeschätzt, Anm. M.B.) Naš chór Židźino, der Chor Seidewinkel, hat heute zugleich Zeugnis davon abgelegt, dass auch das gesungene sorbische Wort wesentlicher Bestandteil regionaler Volkskultur ist.
Wir Sorbinnen und Sorben verdanken ja – und das sage ich als Katholik – der evangelischen Kirche und der Reformation unendlich viel: die Bedeutung des gesprochenen und gedruckten Wortes. Es ist schön, dass dieses Wort wieder immer öfter auch in der Kirche selbst ein sorbisches ist. Besonders auch dank der Familie Malink, die an den Standorten Bautzen, Königswartha und Schleife kirchliche Sprachleuchttürme betreibt, scheint die Durststrecke überwunden.
Herrn Joachim Nagel führte das Theologiestudium nach Bochum, wo meine Eltern geboren wurden. Auf der Suche nach den eigenen Wurzeln begab sich Joachim Nagel nach Polen, schuf sich seine Wahlheimat Hoyerswerda und verschrieb sich dem Sorbischen. Ich selbst erblickte im Hamburger Bahnhofsviertel das Licht der Welt und entschied mich später, in Dresden wohnend, auf der Suche nach meinen slawischen Wurzeln – meine Großeltern mütterlicherseits Johann und Johanna Konieczny waren Polen – für das Sorbische. Und ich führe heute mit meiner sorbischen Frau in der Lausitz ein sorbisches Leben.
Am Ende sitzen wir also nun alle hier in der Mitte der Lausitz und feiern gemeinsam das Leben und den Glauben daran, dass das Leben mehr ist als nur das aktuelle Einkaufs-Angebot auf Ebay oder Amazon. Es ist auch, bei allem Respekt, mehr als städtische Shopping-Meilen. Das Sorbische kommt vom Dorf. Egal wo.
Früher galt das dörfliche Leben und damit auch seine Sprache, das Sorbische, als rückständig. Heute ist das anders. Wenn die Städter sich wohlfühlen wollen, dann gestalten sie sich gemeinsam einen Kiez, einen überschaubaren Bereich von ein paar Straßen. Da kennt man sich dann und lebt irgendwie – wie auf dem Dorf. Und kommt immer wieder gern aufs Dorf, um unsere sorbischen Feste mitzufeiern. Njech je w Ćisku, w Židźinom, na Horach, w Čornym Chołmcu abo druhdźe.
Seien wir also stolz auf unsere Dörfer und unsere sorbischen Wurzeln – sie sind das Modell für die Zukunft. Ich bin Pfarrer Heinrich Koch dankbar für die bereits produktive Zusammenarbeit in erst kurzer gemeinsamer Zeit und freue mich auf beständiges Miteinander mit Ihnen allen für unsere Dörfer und die Städte dazwischen. Wutrobny dźak a wjele wjesela, ich wünsche uns noch einen schönen Tag und viele solcher Tage!
FOTO: Sorbischer Superintendent Jan Malink im Gespräch mit Krabat (Wolfgang Kraus)