Wenn am Montagabend im Hoyerswerdaer Domowina-Haus das Service-Büro für sorbische Sprache in den Städten und Gemeinden des Siedlungsgebietes der Sorben in Sachsen eröffnet wird, kommt damit die erste öffentliche sorbische Institution ins Lausitzer Seenland. Ein Ansporn für weitere Ansiedlungen in der Region Hoyerswerda.

Was wir schon angefangen haben
Da ist schon sozusagen in der Pipeline das Gesamtlausitzer Kinder- und Jugendzentrum für sorbische Sprache auf dem Terrain der Krabat-Mühle Schwarzkollm https://www.lr-online.de/lausitz/hoyerswerda/braumann-will-sorbisches-sprachzentrum-ab-2021_aid-36550225 Der Trägerverein vor Ort hat mittlerweile eine sorbischsprachige Mitarbeiterin für sorbische Kultur und schon zuvor mit dem Aufbau der Krabatmühle, der Festspiele und dem ganzjährigen Betrieb unter Beweis gestellt, welches enorme Potenzial in den wenigen Haupt- und zweihundert Ehrenamtlichen steckt. Die investiven Voraussetzungen für dieses Projekt sollen im Rahmen des staatlichen Strukturwandel-Fonds geschaffen werden, die ständige Finanzierung soll Bestandteil der Regionalisierung der Förderung sorbischer Sprachräume durch die Stiftung für das sorbische Volk sein.
Regionalisierung ist top
Dann haben wir die sorbische Sprachschule, die bis 1994 in Milkel bestand, unsinnigerweise aufgelöst wurde und nun in neuer Form wiedererstehen soll. So will es jedenfalls der unlängst beschlossene „Zweite Maßnahmenplan der Staatsregierung zur Ermutigung und zur Belebung des Gebrauchs der sorbischen Sprache“. Wie schon ursprünglich beim Service-Büro zunächst intern erwogen, ist auch hier erstmal wieder „Bautzen“ vorgesehen. Dieser Standort am Südrand des sorbischen Siedlungsgebietes ist unter Berücksichtigung des tatsächlichen Bedarfs objektiv ungeeignet. Auch hier gilt: Regionalisierung ist Trumpf, wir brauchen eine ganz flache Hierarchie mit mehreren Niederlassungen, zum Beispiel könnte das logistische Zentrum im Mittelpunkt des sorbischen Kerngebiets, in Crostwitz, liegen und eine bedarfsweise angemietete Dependance in der Hoyerswerdaer Altstadt, im oder beim Domowina-Gründungshaus, der Kulturfabrik.
Zentralismus ist Erblast der Vergangenheit
Von besonderem Reiz ist, was die Direktorin des Sorbischen Museums vorgeschlagen hat: die Schaffung eines ständigen Ausstellungsortes für zeitgenössische sorbische bzw. slawische Kunst. Dafür werden mindestens tausend Quadratmeter in Beton gesucht. Da engagieren wir uns natürlich, auch bei anderen Aspekten dieses Projektes, denn das Ding gehört unbedingt nach Hoywoy, die modernste Stadt der Lausitz. Im Übrigen war das Sorbische Museum bis 1972 in Hoyerswerda und verschwand dann, in Vollendung der zu DDR-Zeiten betriebenen Konzentration des sorbischen institutionellen Lebens in Bautzen.
Karten werden jetzt neu gemischt …
Es ist ein gewisser Treppenwitz der Geschichte, dass diese Zentralisierung durch den realexistierenden DDR-Sozialismus nun am vehementesten von politischen Kräften verteidigt wird, die ansonsten kein gutes Haar am untergegangen zweiten deutschen Staat finden können. Sie sagen, Bautzen sei doch „immer schon“ und lassen die rege sorbische Publikationstätigkeit schon im Hoyerswerda des 19. Jahrhunderts gänzlich außer Acht.
… und Hoyerswerda hat Trümpfe in der Hand
Nun dreht die Welt sich weiter, und wir haben das europaweit einzigartige Lausitzer Seenland mit der Seenland-Hauptstadt Hoyerswerda. An jedem Sommerwochenende der internationalste Platz der ganzen Lausitz, viele junge Leute aus Tschechien und Polen. Beim Skaten, Surfen, Baden, FKK und überhaupt. In einigen Jahren werden wir den Zuse-Campus am Scheibe-See haben, Dresden-Hoywoy mit der S-Bahn in 40 Minuten. Wie die Region in der Industrialisierung mit Schwarze Pumpe ganz vorne gewesen ist, wird sie dann in unserer Digitalisierungs-Epoche mit Informatikern aus aller Welt in der ersten Reihe mitmischen.
Sorbisches macht Lausitz einzigartig
Da die sorbische Identität das Alleinstellungsmerkmal der Lausitz gegenüber dem Rest der Welt darstellt, ist es nur eine Frage der Zeit, dass die Mitte des sorbischen Netzwerkes in der Mitte der Lausitz sein wird, der Stadt, die sich jetzt am Puls der Zeit befindet. Dass Hoyerswerda Bautzen ablöst, ist übrigens nichts Schlimmes. Bautzen hat eine zauberhafte altehrwürdige Silhouette, die auch uns in den Bann zieht. Die Stadt an der Spree besitzt vielfältige Vorzüge und auch sorbische Facetten, die weiter eine wichtige Rolle spielen werden.
Bautzen die Verwaltung, Hoyerswerda das Leben
Es mögen auch Stiftungs- und Domowina-Verwaltung gerne dortbleiben. Hoyerswerda wird das Leipzig der Lausitz, wo Austausch und Neues angesagt sind, und möchte als Stadt der Produktivität nicht mit dem Dresden der Lausitz, der Heimstatt des Verwaltens, konkurrieren. Wenn die Leipziger monumentalen Glanz erleben wollen, fahren sie nach Dresden. Und wenn die Dresdner mal richtig shoppen oder locker leben wollen, begeben sie sich nach Leipzig. Ein sächsisches Sinnbild für die Lausitzer Verhältnisse.